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Unterlassungsverpflichtung kann Verpflichtung zum Rückruf umfassen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Zwangsvollstreckungssache dazu Stellung genommen, in welchem Umfang die Unterlassungsverpflichtung auch Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands wie einen Rückruf umfasst (Beschluss des BGH vom 29. September 2016 in Sachen I ZB 34/15).
Grund für den Streit war eine vorangegangene Verurteilung der Schuldnerin vom 31. Januar 2013, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr als Spirituosen gekennzeichnete Produkte unter der Bezeichnung „RESCUE TROPFEN“ und/oder „RESCUE NIGHT SPRAY“ zu bewerben und/oder zu vertreiben.
Auch nach dem 31. Januar 2013 fanden sich als Spirituosen gekennzeichnete Produkte unter der Bezeichnung „RESCUE TROPFEN“ und „RESCUE NIGHT SPRAY“ im Handel, die von der Schuldnerin jedoch bereits vor dem 31. Januar 2013 an die Apotheken ausgeliefert worden waren.
Hierin sah die Gläubigerin einen Verstoß gegen die Unterlassungspflicht aus dem Urteil vom 31. Januar 2013 und beantragte die Verhängung eines Ordnungsmittels gegen die Schuldnerin. Das Landgericht hatte den Antrag zurückgewiesen, das Oberlandesgericht gab dem Antrag aber auf Beschwerde statt. Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin bestätigte der BGH die Verhängung des Ordnungsmittels durch das Oberlandesgericht.
Der BGH bestätigte zunächst, dass die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen ist, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst. Dies sei so, wenn die Nichtbeseitigung gleichbedeutend mit einer andauernden Verletzungshandlung sei wie insbesondere bei Dauerhandlungen.
Aber auch bei bereits abgeschlossenen Handlungen könne eine von der Unterlassungsverpflichtung gedeckte Handlungspflicht bestehen. Der Beseitigungsanspruch stünde zwar unter dem Verhältnismäßigkeitsvorbehalt, aber dies könne auch das Vollstreckungsgericht noch prüfen.
Der Beseitigungsanspruch umfasse in diesem Fall auch die Pflicht zum Rückruf von Produkten gegenüber selbständigen Dritten, sofern der Vertrieb der Produkte dem Schuldner wirtschaftlich zugutekomme, er mit einem Verstoß rechnen könne und er zudem rechtliche und wirtschaftliche Einflussmöglichkeiten habe.
Ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, habe daher grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden.
Entsprechend bestätigte der BGH, dass der Schuldner zum Rückruf der Produkte aus den von ihm belieferten Apotheken verpflichtet gewesen sei und bestätigte die Verhängung eines Ordnungsmittels.
Fazit: Wer zu einer Unterlassung verpflichtet ist, sollte daher im Blick haben, dass sich hieraus auch Rückrufpflichten ergeben können.

Einlösen von Rabatt-Coupons eines Mitbewerbers ist grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig

Der BGH hat am 23. Juni 2016 in Sachen I ZR 137/15 entschieden, dass es grundsätzlich keinen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn ein Unternehmen Rabatt-Coupons seiner Mitbewerber einlöst.

Dem Fall zu Grunde liegt eine Aktion einer bundesweiten Drogeriemarkt-Kette, die damit geworben hat, in ihren Filialen die 10%-Rabatt-Coupons von Mitbewerbern ebenfalls einzulösen.

Hiergegen war die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, rechtlich vorgegangen. Sie sah hierin eine gezielte Behinderung der Drogeriemärkte ausgegeben hatten. Zudem sei diese Aktion auch irreführend, da der Kunde davon ausgehen müsse, dass die Gutscheine in Abstimmung mit den anderen Unternehmen ausgegeben worden seien.

Der BGH bestätigte die Auffassung der beiden Vorinstanzen, dass in dem beanstandeten Verhalten weder eine gezielte Behinderung der anderen Drogeriemärkte, die den Gutschein ausgegeben hatten, noch eine unlautere Irreführung zu sehen war.

Durch die Aktion sei die Schwelle zu einer gezielten Behinderung nicht erreicht. Der Beklagten sein kein unlauteres Eindringen in einen fremden Kundenkreis vorzuwerfen. Die auf Aufstellern in den eigenen Filialen beworbene Aktion richte sich vorrangig an eigene Kunden. Zudem stünde es dem Verbraucher weiterhin frei, die Gutscheine bei dem jeweils ausgebenden Unternehmen einzulösen. Allein die Chance der Verbraucher, Rabatte zu erhalten, sei keine unlautere Werbebehinderung der Mitbewerber.

Mit Blick auf die geltend gemachte Irreführung hielt der BGH es für fernliegend, dass diese in der Aktion eine abgesprochene Werbemaßnahme mehrerer Unternehmen zu sehen.