Keine Verwechslungsgefahr zwischen COMBIT UND COMBI? Ja, sagt das Bundespatentgericht, auch wegen unterschiedlicher Bedeutungen
Kann eine Zeichenähnlichkeit durch begriffliche Unterschiede „neutralisiert“ werden, wenn sich die Marken nur in einem einzigen zusätzlichen Buchstaben am Markenende unterscheiden? Das deutsche Bundespatentgericht hat am 19. Juni 2017 in einer Beschwerde zu einem Widerspruchsverfahren entschieden, dass die Widerspruchsmarke „Combit“ und die angegriffene Marke sich bereits insgesamt unterschieden. Dies auch dann, wenn eine klangliche Ähnlichkeit gegeben sei, da diese durch die begrifflichen Unterschiede zwischen den Marken neutralisiert würde (Entscheidung des Bundespatentgerichts in Sachen 27 W (Pat) 12/16). Eine Verwechslungsgefahr sei daher sogar im Hinblick auf identische Dienstleistungen ausgeschlossen.
In einer früheren Entscheidung hat derselbe Senat beim Bundespatentgericht die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken EAGLE und bestätigt (Entscheidung vom 8. November 2011 in der Rechtssache 27 W (pat) 602/10). In dieser Entscheidung hielt das Bundespatentgericht fest, dass die Zeichen klanglich sehr ähnlich und auch in gewissem Umfang begrifflich ähnlich seien. In seinen Hilfserwägungen stellte das Gericht fest, dass so oder so begriffliche Unterschiede nicht in der Lage seien, die starke klangliche Ähnlichkeit zu neutralisieren. Es warnte in seiner Entscheidung sogar davor, dass eine zu großzügige Anwendung der „Neutralisierung“ von Ähnlichkeiten auf der Grundlage von begrifflichen Unterschieden zu einer massiven Einschränkung des Markenschutzes führen würde, was nicht wünschenswert sei.
Auch in weiteren Entscheidungen hatte das Bundespatentgericht Vorbehalte gegenüber der sogenannten Neutralisationstheorie geäußert (so wie zum Beispiel in der Entscheidung vom 13. Februar 2014 in Sachen 30 W (pat) 43/12).
In Anbetracht dieser früheren Entscheidungen fragt man sich, warum eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen „Combit“ und für identische Dienstleistungen ausgeschlossen wurde. Das Bundespatentgericht hatte die Zeichen insgesamt ja sogar bereits für unähnlich gehalten und hierzu ausgeführt:
- Die Zeichen würden sich bildlich erheblich unterscheiden. Es half dem Gegner nicht, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine reine Wortmarke handelte, die in jeder möglichen grafischen Darstellung verwendet werden konnte: Das Gericht hielt dennoch die farbliche Gestaltung der angegriffenen Marke und die Art und Weise der Gestaltung der Buchstaben „C“ und „O“ für hinreichend, um zu einer bildlichen Unähnlichkeit zu gelangen.
- Die Zeichen seien auch begrifflich unähnlich, da der Begriff „Combi“ als Abkürzung des englischsprachigen Begriffs „combination“ verstanden werde. Diese Bedeutung werde von der älteren Marke „Combit“ nicht geteilt.
- Auch klanglich seien die Zeichen unähnlich. Obwohl der Zeichenanfang in der Regel stärker betont werde, wäre der Buchstabe „t“ am Ende der gegnerischen Marke nicht zu überhören.
Rein hilfsweise stellte das Bundespatentgericht fest, dass auch dann, wenn die Zeichen klanglich ähnlich wären, diese Ähnlichkeit durch die begrifflichen Unterschiede neutralisiert würde.
Auch wenn sich dieser Fall sicherlich nicht zu 100% mit der vorherigen Entscheidung in Sachen EAGLE / EAGLET vergleichen lässt, scheint es trotzdem erstaunlich, dass in dem einen Fall eine Verwechslungsgefahr angenommen wurde und in dem anderen nicht, gerade wenn man sich die Hilfserwägungen ansieht.
Beide Fälle zeigen, dass es schwierig vorherzusagen ist, welcher Grad an bildlicher oder klanglicher Ähnlichkeit erforderlich ist, um eine „Neutralisierung“ der Zeichenähnlichkeit durch begriffliche Unterschiede auszuschließen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist in dieser Sache nicht zugelassen, so dass mit einer Äußerung des Bundesgerichtshofs hierzu eher nicht zu rechnen ist.
Dieser Artikel wurde zuerst in englischer Sprache auf dem Kluwer Trademark Blog veröffentlicht.