Beiträge

Die Dringlichkeitsvermutung im Wettbewerbsrecht

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Entscheidung vom 28.05.2015 in Sachen I-2 U 8/15) kann sich eine Antragstellerin im wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren nicht auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG berufen, wenn sie durch ihr Verhalten zum Ausdruck bringt, dass sie die Angelegenheit nicht für eilbedürftig hält.

In dem streitigen Fall hatte die Antragstellerin bereits am 11. April 2014 von der angegriffenen Werbeaktion Kenntnis erlangt. Ebenfalls wusste sie, dass die angegriffene Werbeaktion bis zum 15. April 2014 befristet war. Erst am 5. Juni 2014, also fast 8 Wochen nach der Kenntniserlangung, mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen der Werbeaktion ab. Nachdem die Abmahnung ohne Erfolg blieb, beantragte die Antragstellerin am 11. Juni 2014 den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Die Kammer für Handelssachen am Landgericht Düsseldorf erließ die einstweilige Verfügung wie beantragt im Wege der Beschlussverfügung und bestätigte diese später durch Urteil. Mit Blick auf die Eilbedürftigkeit der Sache stützte sich das Landgericht darauf, dass nach der ständigen Rechtsprechung des zur Entscheidung wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten berufenen 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf („OLG“) die Frist zur Überlegung und Einleitung eines gerichtlichen Eilverfahrens regelmäßig zwei Monate ab Kenntniserlangung von dem behaupteten Rechtsverstoß betrage. Diese Frist sei im vorliegenden Fall gewahrt.

Das OLG hob dieses Urteil auf und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Es verwies darauf, dass die erwähnte 2-Monats-Frist nicht zu schematisch angewendet werden könne. In außergewöhnlichen Ausnahmefällen könne die Dringlichkeitsvermutung schon vor Ablauf der Frist widerlegt sein. Ein solcher läge hier vor. Denn nach Auffassung des OLG hätte die Antragstellerin schon in dem Zweimonatszeitraum bis zur Einreichung des Verfügungsantrags sinnvoll erscheinende Maßnahmen einleiten müssen. Dies sei jedoch unterblieben. So habe die Antragstellerin mit der Abmahnung sieben Wochen gewartet, obwohl sie dies hätte sofort, insbesondere schon vor Ablauf der Werbeaktion tun können, da der Fall auch in rechtlicher Hinsicht nicht besonders schwierig sei. Die Antragstellerin konnte das Gericht auch nicht davon überzeugen, dass ihr ein Unterbinden der Werbeaktion vor deren Ablauf nicht möglich gewesen wäre. Das OLG ging insofern davon aus, dass die Antragstellerin noch am Freitag, dem 11. April 2014, mit Frist am selben Tag hätte abmahnen können, um dann am Montag, 14. April 2014, den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen. Diese wäre bei Verweis auf die besondere Eilbedürftigkeit auch sofort erlassen worden und hätte im Parteibetrieb noch vor Ablauf der Werbeaktion am 15. April 2014 zugestellt werden können. Ergänzend machte das OLG noch geltend, dass es auch gegen die Eilbedürftigkeit spricht, dass die beanstandete Werbeaktion zum Zeitpunkt des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits abgeschlossen war, weitere Verstöße während der Zeit des Zuwartens nicht vorgekommen und auch für die Zukunft nicht zu erwarten waren.

Fazit:

Auch in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten darf man sich nicht zu sehr auf die Vermutung der Dringlichkeit verlassen, sondern muss zügig tätig werden.