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BREXIT – Was geschieht mit den Gemeinschaftsgeschmacksmustern im UK?

Das Vereinigte Königreich (UK) hat die Europäische Union am 01. Februar 2020 verlassen. Der Übergangszeitraum, in dem weiterhin das EU-Recht im UK gilt, endet nun auch am 31. Dezember 2020.

Was bedeutet dies für Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die bislang auch im UK geschützt sind?

Für alle Inhaber von Gemeinschaftsgeschmacksmusterregistrierungen besteht zunächst kein unmittelbarer Handlungsbedarf:

Zum 1. Januar 2021 erhalten die Inhaber automatisch und ohne zusätzliche Kosten eine vergleichbare nationale UK-Designregistrierung. Die geschmacksmusterbezogenen Daten wie das Anmeldedatum und das Registrierungsdatum werden für die UK-Designregistrierun übernommen. Sollte der Inhaber keine Umwandlung in eine nationale UK-Designregistrierung wünschen, kann er dies ab dem 1. Januar 2021 gegenüber dem UK Intellectual Property Office (UKIPO) kommunizieren. Dies wird insbesondere für Designinhaber von Interesse sein, die im UK bereits durch ein vorheriges nationales Recht über Schutz verfügen.

Für alle Inhaber von Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldungen besteht dringender Handlungsbedarf bis zum 30. September 2021, wenn dieses Recht auch im UK weiterverfolgt werden soll:

Ist die Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldung zum 31. Dezember 2020 nicht eingetragen, muss ein Antrag auf Anmeldung des Geschmacksmusters beim UKIPO gestellt werden. Die Frist hierfür endet am 30. September 2021. Die Kosten für die Registrierung müssen von dem Antragssteller getragen werden. Bei Nichteinhaltung der Frist wird der Antrag wie eine separate neue Anmeldung eines Geschmacksmusters im UK behandelt. Ebenso wird eine innerhalb der Frist eingereichte Anmeldung beim UKIPO behandelt, die sich von dem in der EU angemeldeten Gemeinschaftsgeschmacksmuster unterscheidet.

Ist die Veröffentlichung für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster aufgeschoben, wird dieses Recht im UK wie eine Anmeldung behandelt, mit entsprechendem Handlungsbedarf und weiteren Kosten. Es ist nicht möglich, die Veröffentlichung des nationalen UK-Geschmacksmusters weiter als beim EUIPO aufzuschieben. Vielmehr finden die kürzeren Regeln zur Aufschiebung der Veröffentlichung im UK Anwendung, welche die Aufschiebung der Veröffentlichung nur für 12 Monate (und nicht wie bei EUIPO für 30 Monate) ab dem dann neuen Anmeldedatum im UK zulassen.

Auch nicht registrierte Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind ab dem 1. Januar 2021 im UK als nicht registriertes Design geschützt. Diese Designs sind dann für einen Zeitraum von drei Jahren geschützt. Es wurden Rechtsinstrumente im UK geschaffen, die einen vergleichbaren Schutz für den Zeitraum von 3 Jahren gewähren sollen.

Die zukünftigen Verlängerungen der UK-Rechte müssen ab dem 1. Januar 2021 dann direkt bei dem UKIPO erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn zuvor bereits für die (später anstehende) Verlängerung des Gemeinschaftsrechts gezahlt wurde.

Nach dem gegenwärtigen Stand ist es nicht zwingend verpflichtend, einen UK-Vertreter für die neu entstandenen UK-Rechte zu benennen. Dies kann aber trotzdem hilfreich sein.

Gern begleite ich Sie bei diesem Prozess und unterstütze Sie bei der Auswahl einer passenden Kanzlei im UK.

Zum Schutz für Mode durch das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Am 2. Juli 2015 hat das Landgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung in Sachen 14c O 55/15 eine einstweilige Verfügung bestätigt, mit welcher der weitere Vertrieb einer nachgeahmten Bluse gestützt auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster untersagt wurde.

Die Antragstellerin hatte seit 2013 in Deutschland eine mit abstrahierten Flamingo-Abbildungen versehene Sommerbluse vertrieben. Im Jahr 2015 erlangte sie Kenntnis davon, dass das Modeunternehmen der Antragsgegnerin eine Bluse mit hochgradig ähnlichen Flamingo-Abbildungen vertrieb.

Eine Mitarbeiterin der Antragstellerin hatte die Bluse Anfang des Jahres 2013 entworfen. Im Anschluss wurde die Bluse von einer Firma in Hongkong gefertigt und Mitte/Ende Juni 2013 in Showrooms in Deutschland sowie weiteren europäischen Ländern erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Antragsgegnerin hatte das Design von der angegriffenen Bluse von der Herstellerfirma der Bluse der Antragstellerin in Hongkong als „freies Motiv“ erworben.

Nachdem die vorgerichtliche Abmahnung der Antragstellerin erfolglos blieb, beantragte sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Antragsgegnerin wurde im Wege der Beschlussverfügung durch das Landgericht Düsseldorf der weitere Vertrieb der Bluse untersagt und die Antragsgegnerin zudem aufgefordert, Auskunft zu Herkunft, Menge und Vertriebsweg der vertriebenen angegriffenen Blusen zu erteilen.

Gegen die einstweilige Verfügung legte die Antragsgegnerin Widerspruch ein und trug unter anderem vor, dass das Muster nicht schutzfähig sei und die von ihr angebotene Bluse keine Nachahmung der Sommerbluse der Antragstellerin sei.

Das Landgericht Düsseldorf bestätigte durch Urteil vom 2. Juli 2015 den Erlass der einstweiligen Verfügung. Der Volltext der Entscheidung mit Abbildungen der sich gegenüberstehenden Gestaltungen findet sich hier.

Es begründete die Entscheidung wie folgt:

Die von der Antragstellerin beanspruchten Geschmacksmuster für die Bluse insgesamt und das Stoffmuster seien rechtsbeständig. Auf der Bluse seien keine naturalistischen Flamingos abgebildet, sondern abstrakte Darstellungen von Flamingos, die zudem in einer besonderen Art und Weise angeordnet seien. Dies sei auch als Geschmacksmuster schutzfähig.

Da die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, dass sie die Muster Mitte/Ende Juli 2013 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, kann sie auch noch Schutz durch nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster beanspruchen.

Die Vermutung der Rechtsgültigkeit der Geschmacksmuster der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin nicht durch den statthaften Einwand der Nichtigkeit widerlegt. Die von ihr hierfür herangezogenen vorherigen Blusengestaltungen unterschieden sich alle maßgeblich von dem Muster der Antragstellerin.

Die angegriffene Bluse und der Stoff erweckten auch keinen abweichenden Gesamteindruck beim informierten Benutzer und stellten das Ergebnis einer Nachahmung dar. Zugunsten der Gestaltung der Bluse und des Stoffes wurde ein durchschnittlicher Schutzbereich unterstellt, von dem die angegriffene Bluse erfasst werde. Schnitt und Muster unterschieden sich nicht augenfällig von den Mustern der Antragstellerin.

Die Bluse sei auch das Ergebnis einer Nachahmung. Grundsätzlich trage zwar der Schutzrechtsinhaber die Beweislast für das Vorliegen einer Nachahmung. Diese kehre sich jedoch um, wenn besondere, über den Gesamteindruck hinausgehende Übereinstimmungen der zu vergleichenden Muster vorlägen. Die Antragsgegnerin habe jedoch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass es sich bei der angegriffenen Bluse um eine unabhängige Parallelschöpfung handele. Hiergegen spricht auch bereits, dass ihr das streitgegenständliche Muster ja gerade von der Herstellerin der Bluse der Antragstellerin angeboten worden war. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht damit exkulpieren, dass ihr das Muster als „freies Motiv“ angeboten wurde. Für die Frage nach der Nachahmung komme es allein auf die Kenntnis des Musterentwerfers an.

Im Ergebnis handelt es sich hierbei um eine erfreuliche Entscheidung für die Schutzrechtsinhaberin, die aber gegenwärtig noch nicht rechtskräftig ist.

 

Gute Vorbereitung des Nichtigkeitsantrags spart Ärger

Die 3. Beschwerdekammer hat am 12.02.2015 in Sachen R 2301/2012 über eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Nichtigkeitsantrags gegen ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster entschieden. Auch vor der Beschwerdekammer hatte der auf einen Mangel an Neuheit und Eigenart gestützte Antrag keinen Erfolg.

Mit ihrer Beschwerde konnte die Beschwerdeführerin nicht die Löschung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters wegen Mangels an Neuheit und Eigenart erlangen. Ärgerlich für die Beschwerdeführerin war, dass bereits von den ursprünglich mit dem Nichtigkeitsantrag geltend gemachten Mustern nur eins berücksichtigt wurde und dass auch keine Berücksichtigung der weiteren erst mit der Beschwerde eingereichten Geschmacksmuster erfolgen konnte.

Die Beschwerdekammer bestätigte die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung, nach welcher dem angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster die erforderliche Neuheit und Eigenart nicht abgesprochen werden konnte.

Das angegriffene Gemeinschaftsgeschmacksmuster beanspruchte Schutz für einen besonders gestalteten Tisch mit zwei massiven quadratischen Tischbeinen und einer im Gegensatz dazu recht filigranen Tischplatte. Der Tisch zeichnete sich darüber hinaus durch einen recht großen Überhang der Tischplatte über die Tischbeine hinweg aus.

Die Beschwerdeführerin hatte mit ihrem Nichtigkeitsantrag Fotos und Screenshots mehrerer aus ihrer Sicht der Neuheit bzw. Eigenart des angegriffenen Gemeinschafsgeschmacksmusters entgegenstehenden Geschmacksmuster eingereicht. Von den auf den Fotos und Screenshots erkennbaren Tischmustern konnte jedoch nur eins berücksichtigt werden, da für die übrigen nicht belegt werden konnte, dass diese bereits vor dem Anmeldetag des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Auch konnte die Beschwerdekammer nicht erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegte Abbildungen weiterer 5 Geschmacksmuster berücksichtigen. Artikel 63 Absatz 2 GMV erlaube es der Beschwerdekammer nach eigenem Ermessen zwar, Beweismittel zu berücksichtigen, die im direkten Zusammenhang mit bereits eingereichten Beweismitteln stünden. Diese Vorschrift erlaube es jedoch nicht, den Gegenstand des Verfahrens zu erweitern. Der ursprüngliche Antrag sei nur auf andere Muster gestützt worden und die weiteren Abbildungen von Mustern stünden hiermit in keinerlei Zusammenhang und könnten daher nicht berücksichtigt werden.

Das verbleibende Muster, was berücksichtigt werden konnte, war auch nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht geeignet, die Neuheit und Eigenart des angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters in Frage zu stellen. Aufgrund der Unterschiede zwischen den Mustern, insbesondere der unterschiedlichen Gestaltung und Anordnung der Tischbeine, der unterschiedlichen Dicke der Tischplatte und der unterschiedlichen Farbgebung, weiche der Gesamteindruck des angegriffenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters stark von dem des älteren Musters ab. Entsprechend sei die erforderliche Eigenart und somit auch Neuheit gegeben.