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BPatG: Keine Verwechslungsgefahr zwischen „RAP“ und „RAP SHOT“

Das Bundespatentgericht (BPatG) hat in einer Entscheidung von Ende 2017 bestätigt, dass zwischen den Zeichen „RAP“ und „RAP SHOT“ trotz identischer Waren keine Verwechslungsgefahr besteht (Entscheidung vom 30. November 2017 in Sachen 25 W (pat) 1/16). Die Entscheidung zeigt, dass nicht jede identische Übernahme einer älteren Marke in ein jüngeres Kombinationszeichen automatisch zu einer Verwechslungsgefahr führt.

Die Widersprechende ist Inhaberin der Unionsmarke „RAP“ mit Schutz für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 5 und 44. Mit ihrem Widerspruch wendet sie sich gegen die Eintragung der deutschen Marke „RAP SHOT“ für Waren in den Klassen 3 und 5. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Widerspruch wegen mangelnder Zeichenähnlichkeit zurückgewiesen. Die Zeichen unterschieden sich, denn der zusätzliche Wortbestandteil „Shot“ führe zu einer abweichenden Wortlänge mit einer anderen Silbenzahl, einer unterschiedlichen Vokalfolge und einem anderen Sprech- und Betonungsrhythmus. Es gäbe auch keinen Anlass, den Wortteil „Shot“ wegzulassen oder nicht zu beachten. Es entstehe vielmehr ein neuer zusammengehöriger Begriff. Auch der abweichende begriffliche Inhalt von „Shot“ erleichtere das Auseinanderhalten der Vergleichszeichen. Anhaltspunkte für andere Arten der Verwechslungsgefahr fehlten.

Auch die Beschwerde zum Bundespatentgericht hat dem Widerspruch nicht zum Erfolg geholfen. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr lehnte das Gericht aufgrund der Unterschiede zwischen den Zeichen ab. Das Zeichen „RAP“ würde auch nicht den Gesamteindruck des Zeichens „RAP SHOT“ dominieren. Zwar würde der Begriff „Shot“ auch im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln, Vitaminen und Schönheitsprodukten verwendet, um auf die flüssige Konsistenz, die besondere Konzentration der Flüssigkeit oder die kleine Menge des Stoffes hinzuweisen. Das begriffliche Verständnis in diesem Sinne werde aber nur dann klar, wenn der Begriff „Shot“ mit weiteren sachbeschreibenden Wortbestandteilen (wie Energy, Carnitin usw.) benutzt werde. Zusammen mit „Rap“ ergäbe sich aber ein eigenständiger phantasievoller Gesamtbegriff. Der Verbraucher habe keine Veranlassung, sich nur an dem Anfangsbestandteil „Rap“ zu orientieren bzw. den weiteren Markenbestandteil „Shot“ außer Acht zu lassen.

Allein der Umstand, dass die angesprochenen Verkehrskreise irgendwelche rein assoziativen gedanklichen Verbindungen zwischen den Marken „Rap Shot“ und „Rap“ herstellen, weil die Wahrnehmungen der einen Marke die Erinnerung an die andere Marke weckt, obwohl die Zeichen nicht miteinander verwechselt werden, reichte dem BPatG für die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht aus.

 

 

Keine Verwechslungsgefahr zwischen COMBIT UND COMBI? Ja, sagt das Bundespatentgericht, auch wegen unterschiedlicher Bedeutungen

Kann eine Zeichenähnlichkeit durch begriffliche Unterschiede „neutralisiert“ werden, wenn sich die Marken nur in einem einzigen zusätzlichen Buchstaben am Markenende unterscheiden? Das deutsche Bundespatentgericht hat am 19. Juni 2017 in einer Beschwerde zu einem Widerspruchsverfahren entschieden, dass die Widerspruchsmarke „Combit“ und die angegriffene Marke Combi sich bereits insgesamt unterschieden. Dies auch dann, wenn eine klangliche Ähnlichkeit gegeben sei, da diese durch die begrifflichen Unterschiede zwischen den Marken neutralisiert würde (Entscheidung des Bundespatentgerichts in Sachen 27 W (Pat) 12/16). Eine Verwechslungsgefahr sei daher sogar im Hinblick auf identische Dienstleistungen ausgeschlossen.

In einer früheren Entscheidung hat derselbe Senat beim Bundespatentgericht die Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken EAGLE und  Eagletbestätigt (Entscheidung vom 8. November 2011 in der Rechtssache 27 W (pat) 602/10). In dieser Entscheidung hielt das Bundespatentgericht fest, dass die Zeichen klanglich sehr ähnlich und auch in gewissem Umfang begrifflich ähnlich seien. In seinen Hilfserwägungen stellte das Gericht fest, dass so oder so begriffliche Unterschiede nicht in der Lage seien, die starke klangliche Ähnlichkeit zu neutralisieren. Es warnte in seiner Entscheidung sogar davor, dass eine zu großzügige Anwendung der „Neutralisierung“ von Ähnlichkeiten auf der Grundlage von begrifflichen Unterschieden zu einer massiven Einschränkung des Markenschutzes führen würde, was nicht wünschenswert sei.

Auch in weiteren Entscheidungen hatte das Bundespatentgericht Vorbehalte gegenüber der sogenannten Neutralisationstheorie geäußert (so wie zum Beispiel in der Entscheidung vom 13. Februar 2014 in Sachen 30 W (pat) 43/12).

In Anbetracht dieser früheren Entscheidungen fragt man sich, warum eine Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen „Combit“ und Combifür identische Dienstleistungen ausgeschlossen wurde. Das Bundespatentgericht hatte die Zeichen insgesamt ja sogar bereits für unähnlich gehalten und hierzu ausgeführt:

  • Die Zeichen würden sich bildlich erheblich unterscheiden. Es half dem Gegner nicht, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine reine Wortmarke handelte, die in jeder möglichen grafischen Darstellung verwendet werden konnte: Das Gericht hielt dennoch die farbliche Gestaltung der angegriffenen Marke und die Art und Weise der Gestaltung der Buchstaben „C“ und „O“ für hinreichend, um zu einer bildlichen Unähnlichkeit zu gelangen.
  • Die Zeichen seien auch begrifflich unähnlich, da der Begriff „Combi“ als Abkürzung des englischsprachigen Begriffs „combination“ verstanden werde. Diese Bedeutung werde von der älteren Marke „Combit“ nicht geteilt.
  • Auch klanglich seien die Zeichen unähnlich. Obwohl der Zeichenanfang in der Regel stärker betont werde, wäre der Buchstabe „t“ am Ende der gegnerischen Marke nicht zu überhören.

Rein hilfsweise stellte das Bundespatentgericht fest, dass auch dann, wenn die Zeichen klanglich ähnlich wären, diese Ähnlichkeit durch die begrifflichen Unterschiede neutralisiert würde.

Auch wenn sich dieser Fall sicherlich nicht zu 100% mit der vorherigen Entscheidung in Sachen EAGLE / EAGLET vergleichen lässt, scheint es trotzdem erstaunlich, dass in dem einen Fall eine Verwechslungsgefahr angenommen wurde und in dem anderen nicht, gerade wenn man sich die Hilfserwägungen ansieht.

Beide Fälle zeigen, dass es schwierig vorherzusagen ist, welcher Grad an bildlicher oder klanglicher Ähnlichkeit erforderlich ist, um eine „Neutralisierung“ der Zeichenähnlichkeit durch begriffliche Unterschiede auszuschließen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist in dieser Sache nicht zugelassen, so dass mit einer Äußerung des Bundesgerichtshofs hierzu eher nicht zu rechnen ist.

Dieser Artikel wurde zuerst in englischer Sprache auf dem Kluwer Trademark Blog veröffentlicht.

Bundespatentgericht: Einheitlichkeit der Unionsmarke: Ja, aber … – OXFORD CLUB

Eine aktuelle Entscheidung des Bundespatentgerichts (Beschluss vom 1. März 2016 in Sachen 29 W (pat) 33/13) zeigt, dass der einheitliche Charakter einer Unionsmarke nicht unbedingt bedeutet, dass sie den gleichen Schutzumfang in allen EU-Mitgliedsstaaten genießt. In einem Widerspruchsverfahren, das auf eine ältere Unionsmarke gestützt war, die kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden war, hat das Bundespatentgericht entschieden, dass diese Marke in Deutschland nur eine geringe Unterscheidungskraft genießen könne.

Die Widersprechende, der englische Verlag Oxford University Press, konnte sich mit ihrem Widerspruch gegen die deutsche Marke „Oxford Club“ auf der Grundlage ihrer früheren Unionsmarke „Oxford“ vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) nicht durchsetzen. Das DPMA wies den Widerspruch trotz teilweiser Identität und Ähnlichkeit der Waren zurück. Das DPMA stützte dies darauf, dass die Marke per se über eine nur geringe Unterscheidungskraft verfüge und eine Steigerung derselben in Deutschland gerade nicht belegt worden sei. Die Glaubhaftmachungsmittel, welche die Widersprechende für den Nachweis einer erhöhten Kennzeichnungskraft eingereicht hatte, bezogen sich weitgehend auf die Verwendung ihres Handelsnamens / ihrer Marke „Oxford University Press“. Die Verwendung von „Oxford“ per se als Hinweis auf den Veröffentlichungsort sei nicht als markenmäßige Benutzung anzusehen. Auch bei den vorgelegten Umsatz- und Absatzzahlen werde nicht zwischen der Benutzung von „Oxford“ und „Oxford University Press“ differenziert. Darüber hinaus seien die Zahlen nur auf Großbritannien bezogen. Aufgrund der nur geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei der Zusatz „Club“ ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr in schriftlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht auszuschließen. Der Begriff „Oxford Club“ werde als zusammenhängender Gesamtbegriff verstanden.

Die Beschwerde der Widersprechenden vor dem Bundespatentgericht blieb ohne Erfolg. Das Bundespatentgericht bestätigte, dass die Marke nur über eine geringe Kennzeichnungskraft verfüge. Der Marke „Oxford“ käme per se keine Unterscheidungskraft zu, da „Oxford“ als große englische Universitätsstadt und Sitz vieler Verlage bekannt sei. Dies werde auch dadurch gestützt, dass sämtliche der von der Widersprechenden zitierten Unionsmarken nur aufgrund erlangter Unterscheidungskraft eingetragen wurden. Marken, die aufgrund erworbener Unterscheidungskraft registriert wurden, verfügten in der Regel über einen normalen Grad der Kennzeichnungskraft. In diesem Fall konnte die Widersprechende jedoch nicht zeigen, dass EUIPO die Entscheidung auf den Nachweis einer intensiven Benutzung in einem Großteil der EU, insbesondere in Deutschland, gestützt hatte. Im Widerspruchsverfahren konnte die Widersprechende nicht glaubhaft machen, dass die Marke „Oxford“ eine normale oder sogar erhöhte Kennzeichnungskraft durch Benutzung in Deutschland erworben hatte.

Entgegen früherer Entscheidungen sprach sich das Bundespatentgericht hier dafür aus, dass das ausschlaggebende Gebiet für die Feststellung der kraft Benutzung erhöhten Unterscheidungskraft das Kollisionsgebiet der Marken, hier also Deutschland, sei. Es könne zwar der Entscheidung in Sachen „be impulsive / Impulse“ des EuGH (Urteil vom 3. September 2015 in der Rechtssache C-125/14) entnommen werden, dass es für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft oder einer Markenbekanntheit ausreichend sei, wenn ein wirtschaftlich bedeutender Teil der Öffentlichkeit mit der Marke vertraut ist, jedoch sei eine intensive Benutzung und ein Bekanntheitsgrad der Marke nur in anderen EU-Ländern sicherlich nicht ausreichend. Das Bundespatentgericht bestätigte, dass die vorgelegten Beweise nicht einen erhöhten Grad an Kennzeichnungskraft in Deutschland stützten und bestätigte die Entscheidung des DPMA auf dieser Grundlage. Die Widersprechende hat bereits Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die Entscheidung bestätigt.